Die Scharoun-Schule in Marl - Meisterwerk der Moderne

Die ehemalige Grund- und Hauptschule gilt als Musterbeispiel für die organische Architektur des berühmten Architekten Hans Scharoun.

1960 forderte die Stadt Marl den Architekten Hans Scharoun auf, einen Entwurf für eine Grund- und Hauptschule im damaligen Neubaugebiet Marl-Drewer zu entwerfen. Das Schulgebäude gilt architekturgeschichtlich als ein "Meisterwerk der Moderne" und hat exemplarischen Charakter für das "organhafte Bauen" von Hans Scharoun, der vor allem mit dem Bau der Berliner Philharmonie (1963) weltberühmt wurde. Die ehemalige Grund- und Hauptschule Drewer, von den Marlern kurz "Scharoun-Schule" genannt, steht seit 2004 unter Denkmalschutz und wird heute gemeinsam von der Willy-Brand-, der Martin-Luther-King-Gesamtschule sowie der städtischen Musikschule genutzt.

Nach einer Planungsphase von vier Jahren wurde 1964 an der Westfalenstraße der Grundstein für das neue Schulgebäude mit 20 Klassen, Sporthalle und einer Aula mit 522 Plätzen gelegt. Der erste Bauabschnitt mit den Schulklassen war 1968 bezugsfertig, Aula und Turnhalle folgten 1969 und die übergabe des gesamten Gebäudes einschließlich der Außenanlagen schließlich 1970. Die Marler Schule ist - neben dem Geschwister-Scholl-Gymnasium in Lünen - eine von nur zwei Schulen, die von Scharoun entworfen und nach seinen Plänen gebaut wurden. Die Schule gehört zu den bedeutenden Neubauten in Marl nach dem 2. Weltkrieg, wie das Rathaus des niederländischen Architektenteams van den Broek und Bakema oder die Paracelsus-Klinik der Architekten Hebebrand und Schlempp.

Scharoun konnte das Gebäude im neuen Siedlungsgebiet Drewer-Süd damals ohne Rücksicht auf städtebauliche Vorgaben planen. Entstanden ist ein Gebäude, dessen wabenformige Glieder sich um die Aula als Zentrum und "Raum der Mitte" (Scharoun) gruppieren. Die Aula als "Herz" des gesamten Gebäudes, erhebt sich deutlich über die eingeschossigen sogenannten "Schulwohnungen", zu denen jeweils ein Klassenraum, Toilettenräume, eine Garderobe, ein Gemeinschaftsraum und ein Freiluftbereich für den Unterricht und Aufenthalt im Freien gehören.
Die Prinzipien der organischen Architektur (Scharoun selbst sprach vom "organhaften Bauen") zeigen sich u.a. in der - natürlichen Organismen nachempfunden - wabenähnlichen Form der Gebäudeteile, in der ausgeprägten Verwendung unregelmäßiger und asymetrischer Formen im Innern, die immer wieder neue und überraschende Perspektiven eröffnen, in der Nutzung überwiegend natürlicher Materialien mit warmen Farbtönen und des natürlichen Lichts sowie letztendlich in der konsequenten Orientierung der Architektur auf das Wohlbefinden der Gebäudenutzer. Scharoun hat in der besonderen Architektur der Schule ein pädagogische Konzept umgesetzt, das die Schüler konsequent in den Mittelpunkt stellt.

In den vergangenen Jahren hat der "Zahn der Zeit" auch an der Scharoun-Schule genagt. Die Sanierungskosten werden in einem Gutachten aus dem Jahr 2003 auf ca. 6,9 Mio. Euro veranschlagt.

2006 haben sich Architekten, Stadtplaner, Denkmalschützer sowie engagierte Bürgerinnen und Bürger zu einem Initiativkreis zusammengeschlossen, der die denkmalgeschützte Scharoun-Schule mit Unterstützung der Stadt Marl als architekturgeschichtlich wertvolles und schulisch genutztes Gebäude erhalten möchte. Fachliche Unterstützung erhält der Initiativkreis von namhaften Architekten und Stadtplanern (wie Prof. Carsten Ruhl, Bochum, Prof. Peter Bundell Jones, Sheffield, Prof. Günter Nagel, Berlin, Prof. Roland Günter, Oberhausen, Professor Antonio Monestiroli, Mailand, Dr. Michael Hellgardt, Amsterdam, Prof. Heiner Moldenschardt, Berlin, Sjoerd Soesters, Amsterdam und Prof. Manfred Walz, Dortmund).

Inzwischen ist die Gesamtsanierung des architekturgeschichtlich wertvollen Schulgebäudes gesichert. Die Arbeiten sollen im Herbst 2010 beginnen. (Quelle: www.marl.de)